Konzertbericht Susanne Plahl & The Lightning Rod, 30. Juli 2021, Reigen

Susanne Plahl and the Ligthning Rod
CD-Präsentation FLOW Styx Records CD 1107

Trotz der Einengung durch die hartnäckige Pandemie, mit der Konsequenz, daß besonders erwartungsvolle Enthusiasten das Publikum bildeten, verlangt der Abend einen unüblich ausführlichen und intensiven Bericht. Das folgende möge dies illustrieren.
Man erwartet bei solchen Anlaßfall: eine Band betritt die Bühne, ihr Leader begrüßt und erwähnt die Fertigstellung einer neuen CD mit dem Titel soundso und dem Schwerpunkt, den die folgenden Musikstücke illustrieren werden.
Nicht so an diesem Abend: Im 1. Set stellte Susanne Plahl mit Songs, die man aus ihren – viel zu seltenen – Auftritten leicht im Gedächtnis hatte, gleichsam ihr Opus und ihre Band vor: allein wenn man die Titel hier memoriert: Going down, Tore down, Homework, Talk to your daughter [mit der Einladung an das Publikum mitzusingen: da holt sie die tonbewußten Gäste gleichsam auf die Bühne], Shame, shame, shame, Further on up the road, Leaving trunk) und sich aus ihrer CD Colours [Styx Records CD 1073) an You taste so good, You confuse me [spontane, etwas voreilige Frage: wer ist YOU und wer ist ME? Die Antwort gibt der folgende Text], A little is not enough erinnert, bietet Susanne nicht nur einen charakterisierenden Querschnitt, der von ihrem Team geboten wird. Man kennt unvermittelt die Personen und ihre Musikalität. Ein didaktisch, strategisch, auf das Publikum ausgerichtetes cleveres Intro, das nicht nur das erste Set bildete, sondern mit A river runs dry den großen Hit (man sehe dem Referenten das plakative Wort nach) in den Pausenteil entließ. Sowie ich dies abermals und abermals in der Erinnerung höre: Die Faszination wird mitgeliefert.

Das 2. Set gehörte ganz dem FLOW mit 11 Songs: Wenn man den ersten Titel Never look back als Programm versteht, hindert nichts, dies als “guten Rat“ für den Alltag zu werten. Positiv und mutmachend wirkt Sometimes changes are good. Die weiteren Titel zu zitieren, kann kein Informationswert zugeordnet werden. Jedoch: jeden einzelnen Song mit Aufmerksamkeit und Hingabe zu hören (der erste Gewinn liegt in der außergewöhnlichen Musikalität) und in einem zweiten Ablauf dem Text zu folgen (das gibt tiefen Einblick in Susannes kritische, scharfsichtige Gedankenwelt) und bei jedem weiteren Hören sich ganz in die Musik und in die Wortgewalt fesseln zu lassen.
Hier ist es geboten, auf die Gegebenheit hinzuweisen, daß Plahl in jeder ihrer CDs die vollen Liedtexte beigibt. Und erst wenn man diese Texte, allesamt aus ihrem kreativem Repertoire kommend, aufmerksam liest und bedenkt, daß auch die Musik dazu dem Genius Susanne Plahls entstammt – dazukommt fraglos auch ihr Beitrag am Arrangement-, läßt sich erahnen, welche Inhaltsfülle, gesteuert von nicht greifbarem, aber erlebbaren Schöpfergeist, hier ein intensives Gedächtnis übergibt. Wenn man sich auf das spezielle Glück berufen kann, auch die Person mit ihrem Temperament, ihrer Explosivität und tiefgründigen cognitiven Schatz erahnen zu dürfen, ergibt dies einen Menschen, dem man nur Bewunderung entgegenstellen kann.
Das Resumée dieses mehr als denkwürdigen Abends bedarf noch der Würdigung der Akteure: Didi Mattersberger an den Drums beinhaltet alle Qualitäten und Wertigkeiten, die man dann abruft, wenn nur sein Name genannt ist. In wievielen Auftritten hat er bewiesen, daß eine Geschichte der Drummer des Landes an der Spitze ihn anführen und würdigen wird. Consti Höffinger am Bass hat sich an ihrem Instrument zu einem begeisternden Namen geformt. Souverän und von in akkurater Konzentration dient sie der Band in der Rhythmusgruppe, wie man dazu so sagt. Christoph Kögler am Keyboard und Klavier setzt in der ihn prägenden Virtuosität bei der Definition der Primärakzente eines einzelnen Songs nicht nur seine absolute Herrschaft über alle sein Tasten ein, sondern, was als Besonderheit dazukommt: seine baritonnahe, leicht rauhe und dabei weiche Stimme bringt derartiges Vergnügen in das Zuhören. Diesmal seltener als sonst in den Konzerten. Man darf sich durchaus gestehen, daß seine Gesangsparts Highlightzüge haben. Reinhard Höbart ist in der Interpretation jeder einzelnen Nummer ein Dreh- und Angelpunkt. Das Arrangement teilt ihm in jedem Stück einen hochwertigen Solopart zu. Ja, als Zuhörer wartet man begierig auf jenen Moment, den er mit seiner expressiven Spielweise zu gestalten versteht. Unverkennbar die Investition all seiner Energie, die expressive Betonung seinem Spiel verleiht. Auf dieser CD ist er nur Gitarrist. In anderen Konzerten mit den Lightning Rods kann man auch seine feine Gesangsstimme genießen. Susanne Plahl besitzt eine spannungsvolle, kräftige, wunderbar modulierte Stimme, die selbst im intensivsten Forte die Band  überragt. Was halt ein Kennzeichen Plahls ist, sie beherrscht auch, ausdrucksstark, was sonst, den gut bestückten Gurt der Harps. An diesem Abend hatte sie dem Publikum ein besonderes geboten: einen temperamentvollen, wilden, expressiven Tanz in ihrer dynamischen roten Kleidung. Was war das für ein Furioso!!!

Und es gibt noch eine Köstlichkeit zu referieren, die dem genialen Konzept, wie dieser Abend zu gestalten ist, entstammt: Ariana Joy MacManus und Stephan Kutscher (einst Gitarrist in Plahls Band) trugen die backing vocals bei: zwei harmonisierende, nie aufdringliche, aber stets Schmeicheltöne einsetzende Akteure. Und das führt zu einer, wie man es sehen kann, Besonderheit: Refrainpartien, die in jedem Song plaziert sind, werden zusammen vor der ganzen Band gesungen. Nicht nur, daß dadurch ein starker Klangkörper seine Wirkung hat, es demonstriert auch die Geschlossenheit der Band. Insgesamt wohl das Werk der Chefin. Dank und anhaltende Bewunderung für so viele Details, die zu einem genialen Ganzen führten!

Das Cover der neuen FLOW-CD aus der Hand von Susanne Plahl, das Cover Layout von Peter Müller.
Allen Hörern gleich viel Freude, Gewinn und Vergnügen!
Abschließend ein Hinweis auf die erste CD: A brand new Recipe [Styx Records CD 1049].

 

Hermann Harrauer