Konzertbericht Newington Green, 13.12.2019, Louisiana Blues Pub

Newington Green
Lousiana Blues Pub
Freitag, 13. 12. 2019

Vorweg für alle, die einen „Freitag, den 13.“ nicht mögen – oder in noch intensiveren Regungen mit dem Eigenwesen zu führen haben: es ist an dem Tag alles nur gut verlaufen. Das ist zugleich auf den Louisiana-Abend hin gesagt.
Als Opener für das vollbesetzte Louisi gab es Infos über die Band (Andreas Hamedinger [ein gesuchter Entertainer!] Gitarre, Christian Marti [Drums], Richtie Meisel [Conterbass], Andreas Resch [Gitarre, Bandleader]) und die Story des der Aufklärung bedürftigen Bandnamens. Man staune: Beide Andi´s steigen in London, angeblich auf der Suche nach einem Bandnamen [wohl ein elegantes Ferscherl für zugespitze Aufmerksamkeit seitens des noch nicht pur konzentrierten Publikums] aus (einem Autobus) aus und lesen den Stationsnamen „Newington Green“, dazu gleich die Klarstellung des „Green“: „kleines Rasenstück, Beserlpark“. Als informative Draufgabe gab es die programmatische Ausrichtung der „neuen“ Band: Rock, Boogie etc. Das untermauerte – und bannte uns in einem Atemzug die zweite Intronummer Rock´N´Roll Ruby (Warren Smith). Klar, da gab´s nur mehr Zuhören, Applaudieren, Geniessen. Das zog sich den ganzen Abend hindurch, untermauert unmittelbar mit Summertime Blues. Damit war der eine Teil des Programms kenntlich: Coversongs (z.B. „Suzie Q“; „I Got A Woman“, das nur rar zu hörende „That Woman’s Got Me Drinkin. [Shane MacGowan])“ gegenübergestellt eine hohen Anzahl an Eigenkompositionen. Das besagt, daß das Publikum Premieren erlebte. Ach, in wie vielen anderen Momenten gleichen Wesens lautet es da gleich: „Weltpremiere“. Keine Andeutung seitens der Band. Kennmarke der Band: Bescheidenheit in Großbuchstaben zugunsten besonderer Spielfreude. Diese war den gesamten, langen Abend hindurch der spezifische Genuß. In keinem Momementchen wäre auch nur zu vermuten gewesen, daß doch wenigstens einem des Quartetts die betreffende Nummer nicht fordernden Spaß vermittelte.
Es gilt nun, die Eigenkompositionen sehr modest zu typisieren. Getragen war jede Nummer von völlig ungewöhnlicher Situationsbetrachtungen, überzeichnet mit markigem Humor und kritischen Blick auf unseren Alltag: z. B. „Washmaschine Boogie“, oder „Surf Green, Slate Blue And Rocket Red“, „Daddy, ol‘ Daddy“ für Hobbyköche und Marmeladeliebhaber „Cherry Jam With Love“. Dazu gehört das exzellent klingende Band, das Programm in einem dechiffierende Lied „Newington Green“; in ihm fungieren Stops in wohl plazierten Augenblicken als höchst erfolgreiche Fänger etwa für Sekundenbruchteile verlorengehende Aufmerksamkeiten im Publikum. Die Kompositeure haben die unter Umständen irritierenden mentalen Publikumsabsenzen einkalkuliert und effektiv dagegen gesteuert. Zu mancher psychologisch orientierten Analyse könnte dies als Aufgabe vormerkbar sein. Denn wenn man solche Charakteristika entdeckt, gewinnt man dadurch immense findbare Werte der Kompositionen. Darüber steht der nicht leichte Wertezuwachs, der Neuem jeder Art eigen ist. Wie passend und das Publikum gewinnend wäre diese Nummer eingangs und den Abend abschließend. Das mag aber ein Wunsch eines danach süchtig gewordenen sein.
Als Unterhaltungserlebnis sind einstimmig, so möchte man doch annehmen dürfen, als Beigabe kurze, ohrgängige, mit Humor angereicherte Vornotizen zu einem Song. Ein Meister dieser vom Diffizilen getragenen Wortspenden ist Andreas Hamedinger. Ihn zu erleben erhöht die Hutspendenfreude beträchtlich. In Nichts steht ihm darin der Bandleader Andreas Resch nach. Manchmal aber fühlt man sich im Verstehen eben knapp eingestreuten Texte ein wenig gehetzt, was zu einem leicht verzögerten Lachen führen kann und zugleich die Zuhörer auffordert: „Paßt auf, sonst entgeht euch etwas“.
Ein kräftiges Spektakel auf hohem Niveau trug Christian Marti am Schlagzeug bei. Schon allein sein Equipment -Snare und ein Blech – läßt überlegen („wie wird das gehen?“) steht in unfaßbarem Kontrast dazu, was er damit macht: ein echtes eigenständiges Instrument. Nichts mit „Begleitgegenstand“. Gelegentlich dazu knapp und kurz gehaltene verbale Ergänzungen in stets so treffsicherem Schweizerton. Großartig Christian Marti!
Und der Souverain des Abends und der Band: Richtie Meisel am Conterbass. Ob er wohl noch weitere von Eddie Cochran im Reperoire hat?

Auf das Louisiana Blues Pub hin gesagt. Wie viele inzwischen zu Säulen in den Dimensionen des Zeustempels von Olympia (Peloponnes) gewachsenen Bluesmusikern haben hier ihre Premiere gefeiert und ihre großartige Karriere gestartet! Nach dem heutigen – 13.! – reiht sich die „Newington Green“ ohne Einschränkung ein. Ein Bravo dem Louisi, ein Bravo für Britta.
Subjektiv gesagt: Newington Green ist die Entdeckung des Jahres!

In Dankbarkeit für diesen typischen Louisiabend:
Hermann Harrauer