45. Ein bislang unbesungenes Musikerschicksal

45. EIN BISLANG UNBESUNGENES MUSIKERSCHICKSAL
©Al Cook, 2001 – 2013

Diesen Artikel habe ich aus meiner noch unveröffentlichten Biographie „Kein Platz für Johnny B. Goode“ herauskopiert und bin der Überzeugung, ein noch undiskutiertes Thema auf den Punkt gebracht zu haben….

Wenn in Österreich ein internationaler Star auftritt, reißt sich die heimische Musikantenszene wie die Wölfe um den Job des sogenannten „Supporting Acts“, der bei uns profan als „Vorprogramm“ oder noch deutlicher, als „Anheizerpartie“ bezeichnet wird. Diese „Anheizer“ sind für gewöhnlich arme Teufel, die meist am Anfang ihrer Laufbahn stehen und für solch einen undankbaren Gig oft nicht oder schändlich bezahlt werden und manchmal unbeschaut alles auf sich nehmen, um vor einem größeren Publikum auftreten zu können, das sie für gewöhnlich ja nie erreichen. Man verspricht ihnen alle möglichen internationalen Karrierechancen, wenn sie dem Tourneemanager oder dem Star gefallen. Wer packt da nicht gern den Strohhalm, der oft unvermutet aus dem Wasser ragt, das einem bis zum Halse steht. Dabei merken die Guten vorerst nicht einmal, daß sie sich eigentlich nur den Arsch in Fetzen spielen, um das werte Publikum für den Star des Abends vorzubereiten….also Stimmung zu machen. Die vorgegaukelten Karrierechancen erweisen sich klar gesehen, schon im Vorfeld als illusorisch, weil an den armen Scheißern, die da oft verzweifelt für ihre Zukunft  spielen, sowieso keine Sau interessiert ist. Gelungen ist so ein Vorhaben aber nur in sehr seltenen Ausnahmefällen, wie einst bei Ike und Tina Turner, die zu Beginn ihrer internationalen Karriere als Vorprogramm sogar den Rolling Stones locker die Show stahlen. Aber wie gesagt, das waren andere Kaliber und keine lampenfiebergeschüttelten Rockspatzen aus Hadersdorf-Weidlingau.

Der Job des Königsmachers ist einer der undankbarsten in einem Musikerleben. Oftmals läßt einem das Publikum unbarmherzig spüren, daß es froh ist, wenn die Vorgruppe oder der Musiker endlich mit seiner Darbietung zu Ende kommt, damit man die Aufmerksamkeit dem Hauptprogramm zuwenden kann, dessentwegen man ja gekommen ist und teure Karten gekauft hat. Das Schlimme an dieser Gepflogenheit ist primär die Tatsache, daß man in den meisten Fällen dem „Vorprogramm“ ja nicht einmal zuhört und vielleicht registrieren könnte, daß es auch gut, vielleicht sogar besser ist als der Star. Doch neben der unsensiblen Borniertheit solchen Publikums gibt es noch faulere Tricks, um den „Anheizer“ mit Bestimmtheit schlecht aussehen zu lassen. Man dreht kurzerhand die Monitoren ab und mischt die Darbietung sozusagen gnadenlos nieder. Das bewerkstelligt die Tontechnik durch geschickt eingesetzte Pannen, unprofessionell erscheinende Nachlässigkeit und schlecht eingestellte Anlagen. Der Gesang quäkt, die Mikros pfeifen dort und da mal „ungewollt“ und der oder die Musiker hören sich einfach nicht. Doch was bleibt einem über… Steht man erstmal auf der Bühne, gibt es kein Zurück. Man hat mit gepreßten Arschbacken den Gig durchzustehen und gute Miene zum bösen Spiel zu machen, sonst läuft gar nichts mehr. Sich vor tausenden zu blamieren und abzubrechen, wagt von den armen Scheißern sowieso keiner. Den Veranstaltern jedenfalls geht das Ganze locker am Südpol vorbei, denn klagen kann man diese Kreaturen ohnehin nicht und wer sich beschwert, kann sich ja – wie man in Wien zu sagen pflegt – „über die Häuser hauen“…Es finden sich genug spielgeile Idioten, die nur auf einen Job warten, mit einem Popstar die Bühne zu teilen. Manche würden dafür locker ihr Sparschwein schlachten.

Nun ja, auch das sind harte Worte, die unsere Schmalspurszene nicht gern hört. Aber wir wissen alle nur zu gut, wie bei uns der Hase läuft.

Euer AL COOK

Ersterscheinugsdatum:20.09.2010 ©Al Cook, 2001 – 2010 http://www.alcook.at