Otis Tylor „Truth Is Not Fiction“

Nicht wirkich neu, doch von einer unbeschreiblichen Aussagekraft, das ist Truth Is Not Fiction.Im Herbst 2003 erschienen, alle möglichen Preise und Ehrungen abgeräumt, das Nachfolgealbum Double V steht schon im Regal, wozu noch über diese Scheibe reden ? Weil es meiner Meinung die Platte ist, die den Blues ins nächste Jahrtausend katapultiert, mit einem Geflecht von Wurzeln die zutiefst in Afrikas Erde verankert sind. Und weil anscheinend kein Schwanz auf unserer Insel der Seligen mit dem Namen Otis Taylor auch nur das geringste anzufangen weiß. Mit einem Wort: Schreiberling ist zutiefst verwundert !!!!!!!!!!!
Auf dem Cover schemenhaft erkennbar, das Gesicht eines Mannes, ein wenig an jene Statuen auf den Osterinseln erinnernd. Tiefschwarze Augenhöhlen, bedrohlich.
Otis Taylor wurde 1948 in Chicago geboren, übersiedelte dann mit seinen Eltern nach Denver,Colorado als einer seiner Onkel ermordet wurde.Otis war damals sechs Jahre alt. Der Vater, ein Eisenbahner und Jazz-Freak verließ die Familie als Otis acht Jahre alt war. Die Eltern ließen sich nie scheiden. Bald knüpfte er Kontakte zur Denver Hippie-Community, hörte mit den Jungs Platten und lernte sein erstes Instrument. Banjo.(Auf der Otis Taylor-Homepage gibt es ein köstliches Foto eines jungen Otis, der damals auf einem Einrad durch die Strassen Denvers radelte und dazu Banjo spielte ). Einer seiner besten Freunde war damals Tommy Bolin, der später bei der James Gang spielte, bei Deep Purple und mit Billy Cobham, um nur einige zu nennen. Und viel zu früh an Drogen verstarb. Später kamen dann noch Mundharmonika und Gitarre dazu, ein wenig Bass, und in den 70ern war’s die Mandoline.
In der Zwischenzeit hat ihm eine Gitarrenfirma ein eigenes Instrument gebaut, das Otis Taylor Banjocaster.
1969 sah es so aus als hätte er das große Los gezogen, als ihm ein bekanntes Londoner Label einen Vertrag anbot. Otis übersiedlte nach London, doch das ganze wurde nichts, man konnte sich nicht einig werden. Otis hing noch einige Zeit in Londons Clubs rum, ging dann wieder zurück nach Colorado, war kurz in Dänemark. 1977 hatte er endgültig von dem ganzen Musikcirkus die Nase voll und begann als Antiquitätenhändler zu arbeiten. Indianische und Afrikanische Kunst. Ausserdem managte er erfolgreich zwei Afroamerikanische Profiradteams, die es mit seiner Hilfe sehr weit schafften. 1995 sollte er für die Eröffnung eines Coffeeshops die PA organisieren (der Besitzer war der ehemalige Geldgeber des Radteams) und verkaufte sich selbst auch gleich mit. Irgenjemand mit connects hörte ihn damals spielen, und dann war ein Plattendeal da ! 1995 veröffentlichte er dann sein erstes reguläres Album. Truth Is Not Fiction war dann das fünfte in Reihe.


Was macht die Musik eines Otis Taylor also so einzigartig, das es mich schlichtweg aus meinen Stiefeln gefetzt hätte, wenn ich mich nicht krampfhaft an der Bar angehalten hätte, als ich das Album das erste Mal hörte ? [Ich muß an dieser Stelle anmerken, das ich nicht der einzige bin,dem es so erging. Fragt mal Soulman Alf mit i zu dem Thema……..]
Als erstes wäre vielleicht mal zu erwähnen, das Otis Taylors Lieder sehr fragmenteus sind. Sie kommen aus dem nichts, sind aufeinmal da, wie ein Netz, das einem unvermutet übergeworfen wird, fesseln, lassen nichts anderes an einem heran, um genauso unvermutet wieder zu gehen. Der Opener Rosa,Rosa ist ein klassisches Beispiel dafür. Oder die nächste Nummer Kitchen Towel. Beginnt mit Indianlike-Gesängen, um dann in einen hypnotischen Groove umzukippen. Und dazu die Stimme eines Otis Taylor, der eine Geschichte erzählt, unfaßbar in ihrer Brutalität. Doch nicht schicksalsergeben jammernd, nein, vorgetragen in fassungslosen Zorn der Ungerechtigkeit die da gerade geschieht. Comb Your Brown Hair ein fast bedrohlicher Groove, am ehesten mit John Lee Hooker zu vergleichen. So wie die ganze Musik Otis Taylors jenen düstren, meditativen Groove atmet, der auch oft bei John Lee Hooker zu spüren war. Textlich ist Otis Tylors Stimme auf der Seite jener, die nicht erhöhrt werden. Der Afroamerikaner, der Indian Nation. Meist mit Grooves, die direkt aus deren Wurzeln gezogen zu scheinen sein, Wurzeln jedoch, die hunderte Jahre zurückreichen. Interessant auch die instrumentalisierung der Otis Taylor Band: Der Namensgeber selbst singt, an der akustischen, Banjo, elektrisches Banjo, elektrische Mandoline, harp. Eddie Turner an der lead gtr, Kenny Passarelli (Hall&Oates,Joe Walsh,Elton John) Bass und Keybords, Ben Sollee am Cello (Höhrt mal rein in House Ot The Crosses , einfach irre die Nummer !!!!!!!!! ) und die 17 jährige Tochter Cassie Taylor an den Back vocals.
Schlußendlich kann ich jedem Bluesliebhaber nur heftigst anraten, in diese Platte reinzuhören. Hier wurde Musikgeschichte gemacht.
Tiefst ergriffen, Blues und Gruß CLEVER