John Cipollina/Nick Gravenites Band – „At Westfalenhalle Dortmund, Germany November 28th,1980“ (SPV)

John Cipollina ist ein Name, der Eingeweiten sofort auf der Zunge zergeht. Als Mitbegründer von den Westcoast-Bands Quicksilver Messenger Sevice und Copperhead schrieb er Rockgeschichte und zählt zweifelsohne zu den herrausragendsten Gitarristen dieser pulsierenden Szene.
Nick Gravenites wurde 1938 in Chicago geboren, mit der Musik von Muddy Waters, Buddy Guy und Howlin Wolf aufgewachsen, freundete er sich bald mit Paul Butterfield an. In den Westen übersiedelt, produzierte er das erste Album von Quicksilver Messenger Sevice womit sich der Kreis schließt. Weitere Arbeiten lieferte er mit Mike Bloomfield mit dem er nach dessen Ausstieg bei Paul Butterfield Electric Flag gründete.
Einige Jahre spielte er auch bei Big Brother and The Holding Company , einst die Begleitband von Janis Joplin.

Die Rockpalast-DVD ist ein sehr lebendiges Dokument der Zusammenarbeit dieser beiden auf den ersten Blick doch sehr konträren Musikern.
Die „Dramaturgie“ dieses Mitschnitts spannt einen sehr schönen Bogen vom weißen, von den allgegenwärtigen Chicagogrößen Beeinflussten Blues eines Nick Gravenites bis zu den Sound -Collagen eines John Cipollina.

Mit „Southside“, einer Erzählung über die musikalischen Gepflogenheiten jener Seite Chicagos startet der musikalische Exkurs. „You better shoot your mouth and better go Southside„:- der Beipacktext wie diese Musik zu genießen sei. „Junkyard In Malibu“ entwickelte sich für mich zu einem penetranten Midtempo- Ohrwurm Kriecher der sich seit dem ersten Mal hören einem überaus gutartigem Karzinom gleich durch meine Gehörgänge geschlichen hat und seitdem irgendeinem mir nicht näher bekannten Nervenknoten in Beschlag genommen hat. Mit sehr voller, starker Stimme überzeugt Gravenites als Sänger sofort, auch Al Steahleys zweit Stimme passt.
„Signs Of Life“ aus der Feder von Bassist Al Steahely (der mit seinem Bruder, dem Gitarristen Chris, meines Wissens einige Zeit für Spirit tätig war) , und von diesem auch gesungen featert zum ersten Mal dann John Cipollina. Die Gitarre auf den Knien in Lap- Steel Manier fetzt das Stück weg, das selbst Johnny Winter himself seine helle Freude hätte.
Bei „Unvicious Circle“ zieht sich Gravenites zum ersten Mal zurück und überlässt Cippolina die Bühne. Das Instrumental hat ein bisschen ein  Soundtrack-Flair (Schlagzeuger Marcus David  zum Teil mit Paukenschlegeln, wen´s  interessiert. Möglicherweise taucht diese Nummer ja noch mal auf einem Quentin Tarantino Film auf, würd recht gut passen.
Im schnellen „My Party“ taucht kurz mal ein „Baby, Pleas don´t go“ Zitat auf, fügt sich gut ein.
„Trust Me“  wird wieder mal von „Big Al“ Steahely gesungen, der die Nummer ein klein wenig in die Richtung seiner Texanischen Heimat rückt und sie mit viel Fantasie ein wenig nah ZZ Top klingen lässt.
Das darauf folgende „Small Walking Box“, wieder mal ein Instrumental wurde angeblich in einem Bierkühler(?) in Pennsylvania geschrieben. Grund genug anscheinend es in der Bierstadt Dortmund zu spielen. Al Steahely spielt ein durchaus verzichtbares Basssolo, aber 1980 hat ja jeder der den Siebziegern entsprungen ist noch unbedingt ein Solo spielen müssen und sei’s der Mann mit dem Daumenpiano –jeder bekommt seine zehn Minuten. Ach ja: Cippolina frickelt auch ein wenig rein.
„Pride of Man “ kündigt Cippolina recht trefflich als „Cowboy Song“ an, Von Gravenites gesungen erinnert´s mich ein bisschen an Jack Bruce a la „Song Of An Imaginary Western“ gefällt mir jedenfalls sehr gut.
Mississippi lastig schleppt sich Gavenites in das Intro von „Bad Luck Baby“ die Alligatoren schnauben im Hintergrund, ein -Voodoopriester beschwört, der Teufel ist stinkesauer auf seiner Straßenkreuzung weil er wieder mal versetzt wurde und alles klingt mächtig böse-geile Nummer einfach.
„Hot Rods and Cool Woman“ , eine weitere Steahlly-Nummer fischt wieder in Texanischem Langbart-Revier, Gravenites honkt noch mal kurz vorm Schluss (I´ll put The Trigger). „“Keep On Running“ bringt dann auch noch eine Klassiker rauf die Bühne, ohne jedoch dessen Magie zu erreichen (wieder mal Steahely am Gesang“)-
Gravenites schließt seine Part mit „Buried Alive In the Blues„, einer Nummer die er ursprünglich für Janis Joplin geschrieben hat(Cipollina an der Lap- Steel).
Die Show beendet Cippolina mit seiner Version von „Who Do You Love“, dem Quicksilver Mesenger Service Klassiker (Gravenites im Hintergrund als Hilfs-Schlagzeuger. Natürlich wie immer mit einem Stück „Mona“

Als Bonus gibt’s dann noch 17:25 „Excepts From The Motion Picture „Blues Survivors“  Live aufnahmen einer jüngeren, sehr  fetzigen Gravenites/Cipollina Band  versetzt mit Interviews. Auf jeden Fall spielfreudiger.

Durch die durchgehend recht gute Kameraführung hat man auch ein wenig Gelegenheit diesen Ausnahmemusiker auf die Finger zu schauen .Das Bildmaterial ist o.k., auch der Ton- für 1980. Als vergleich sollte man sich mal einige 80er Jahre Videos ( die großen Zehn?), ansehen und dann vergleichen. Wir sind halt alle schon ein wenig High Definition- verwöhnt.

Der ganze Auftritt hat ein wenig Session-Charakter, dem Grundgedanken des Rockpalastes entsprechend- Manchmal erscheint es auch als sein sich Cippolina und Gravenites nicht immer ganz einig welche Richtung eine Nummer nehmen soll, doch schlussendlich passt es dann doch eh immer. Cippolinas „Jam-Area“Ausflüge mögen für manch Ohren 29 Jahre später ein wenig gewöhnungsbedürftig klingen, haben aber auf jeden Fall immer noch Ihre Berechtigung- hab schon wesentlich schlechtere Jams aus dieser Zeit gehört, diese DVD bringst.. ….allein schon wegen dem Bonus- Aufnahmen.

Clever