Hans Theessink – „Jedermann Remixed“

Als ich von Hans Theessinks neuem musikalischem Projekt las, war ich sofort total neugierig. Die Herausforderung, Hannes Rossachers Filmprojekt „Jedermann Remixed“ musikalisch zu untermalen, interessierte mich aus zwei Gründen:

Erstens habe ich den „Jedermann“ vor einigen Jahren auf dem Salzburger Domplatz selbst erlebt. Schon damals hat mich die Geschichte des reichen Mannes, seiner verzweifelten Suche nach Wegbegleitung in der letzten Phase seines Lebens und die allegorische Darstellung von Tod, guten Taten, Mamon u.a. sehr berührt.

Zweites war das Projekt an sich total spannend. Ein Zusammenschnitt aus 90 Jahren Jedermann, das Ganze untermalt von Hans Gitarrenspiel und seiner sonoren, einprägsamen Stimme – was erwartete einen da als Zuseher und -hörer?

Und jetzt habe ich die CD schon den ganzen Tag laufen – und bei jedem neuen Durchlauf entdecke ich wieder etwas Schönes, höre wieder eine feine Nuancierung heraus. Gerade ist es z. B. „Call me“ mit wunderschönen Backvocals von Insingizi.

Dann Johnny Cashs Nummer „The man comes around“ – ich könnte mir keine andere Stimme als Theessinks vorstellen, die diesen Song interpretieren könnte. Seine Stimmlage paßt perfekt, erinnert mich in ihrer Modulation sogar an Cash selbst, obwohl Hans die Nummer um zwei Töne tiefer singt als Cash es tat.

Neben Nummern von Tom Waits, den Rolling Stones, Ray Charles oder Hank Williams gibt es auch viel Selbstgeschriebenes und drei Traditionals. Bei einer dieser Nummern „You gonna need somebody on your bond“ hat Meena Cryle den Musiker gesanglich unterstützt.

Die Nummern „Cuckoo“ (auch schon auf „Call me“ erschienen) und „Mother Earth“ (aus dem Album „Visions“) sind gesanglich gemeinsam mit Terry Evans gestaltet. – Zwei wunderschöne Songs, so richtig laid back, so richtig zum In-die-Musik-hineinfallen.

Besonders möchte ich auch das Cover, das von Peter Pongratz gestaltet worden ist, herausstreichen. – Eigentlich ist Jedermann eine Geschichte, die erstmalig im 15. Jahrhundert erschienen ist. Wenn man aber die Figuren auf dem Cover anschaut, erkennt man, daß es sich um die selben Themen handelt, die auch im Blues eine große Rolle spielen: Tod, Teufel, Frauen, das Böse. – Da ein Teil der Zeichnung aus Texten besteht, kann man das Cover drehen und wenden und sich fragen, ob das Teile der Liedtexte sind oder einfach Gedankenergüsse, die dem Maler beim Entwerfen gekommen sind…

Ich habe mir absichtlich die CD angehört, bevor ich den Film gesehen habe. Ich wollte zuerst die Nummern kennen, dann hören, an welcher Stelle der Jedermann-Aufführung sie stehen. Und ich kann nur sagen, daß diese musikalische Untermalung wirklich durchdacht ist – „The man comes around“ beim Auftritt des Todes, die Spirituals bei den andächtigen Szenen – hier haben sich die Gestaltenden wirklich etwas gedacht. Jede Sequenz, jede Textzeile paßt genau.

Ich kann nur sagen: „Jedermann Remixed“ ist sehenswert – und die CD als eigenständiges künstlerisches Produkt ein Muß für jeden Theessink-Fan, aber auch für jeden, der auf qualitativ hochstehenden, wunderbar ruhigen und gefühlvollen Blues steht.

Rebeat – Jedermann Remixed

Kommentare:

Natascha Flamisch:

Toll geschrieben, Hannelore! Da hast Du Dir viel Arbeit gemacht. Das ist bis dato Deine am besten geschriebene Kritik, find ich. Alles drinnen was interessiert, nix überflüssiges und – die Leser auf ein tolles Werk neugierig gemacht. Besser gehts nicht, sehr professionell. Gratuliere! 🙂 Liebe Grüße, Natascha

Hans Theessink:

Danke für die Anmeldung Hannelore, Für mich war Jedermann Remixed – The Soundtrack, eine wunderbare Arbeit. Wie oft erteilt ORF schon den Auftrag einen Film mit bluesiges zu untermalen?! Bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele am 24.juli wurde Jedermann Remixed auf einen Riesen Leinwand zum ersten Mal gezeigt – war echt fantastisch. Die CD „Jedermann Remixed – The Soundtrack“ läuft auch schon sehr gut an und das Echo ist durchaus sehr positiv. Wir kommen mit dem Ausschicken kaum nach. Die CD/LP ist übrigens in Österreich im Vertrieb der Sony Music.

Eine DVD wird demnächst bei Arthaus erscheinen. LG Hans