Alvin Youngblood Hart „Motivational Speaker“

Da hat er uns also ganz schön an der Nase herumgeführt, dieser Alvin Hart. Uns vor Jahren Glauben gemacht, er sei ein Verfechter des akustischen Blues, ein Neuerer des traditionellen Country Blues.
Bildete mit Keb´ Mo zusammen quasi die Speerspitze dieser neuen Bluesströmung.
Und jetzt so was.
Aber ich hätte es mir ja gleich denken können, das da was faul ist.
Ein Marshall-Amp samt Box am Cover. Zwar gut getarnt im Laub des herbstlichen Waldes, aber dennoch gut erkennbar.
Und dementsprechend schraubt die Scheibe auch an.   Mon dieu ! 

Und natürlich hat er einige Gleichgesellte Spießgesellen eingeladen. Audley Freed zum Beispiel, besser bekannt von Cry Of Love oder den Black Crowes. Und die beiden haben sich gleich mal ?Big Mama?s Door?  vorgenommen. War glaub ich auch schon mal auf Alvin Harts erster Platte drauf. Macht ja nichts, hat sich damals ja auch schon bewährt. Ziemlich dröhnend setzt Harts Gitarre ein, alten Schemen folgend, sie jedoch bald hinter sich lassend.
Audley Freed steuert dazu spitzzüngige Slidelicks bei, und weil er eh schon dabei ist, auch gleich eine gnadenlos gut gesungene zweite Stimme. Mit dabei ebenfalls Edward R.Michaels am gnadenlos guten Schlagzeug und Gary Rasmussen keinen deut schlechter am Bass. Mit mächtig viel Dampf also fangt die Platte an, um gleich bei der Titelnummer ?Motivational Speaker? nochmals einen Zahn zuzulegen, modernerer Natur allerdings. 

Ähnlich Gas gibt ?My World Is Round?, klingt für meine Ohren ein wenig nach Rory Gallagher. Auch der Bonustrack ?Shootout On I-55? könnte aus der Feder des Iren stammen. Mit dabei übrigens Luther Dickinson von den Mississippi Allstars an der Slide.
Ganz besonders viel nach Gallagher klingt ?Shoot Me A Grin?, allerfeinste Gitarrenarbeit, möcht´ ich mal meinen.

Doch ganz abgeschworen hat Alvin Hart dem traditionellen Blues nicht, nicht ganz zumindest, wie man unschwer an ?How Long Before I Change My Clothes? erkennen kann, einem traditional, ein wenig an John Lee Hooker angelegt.

Ein wenig schräger kommt da schon ?In My Time Of Dying? daher. Sich seinem Schicksal beugend, mit ruhiger Stimme vorgetragen schaut Alvin Hart dem unvermeidlichem ins Auge. Nur seine Gitarre im Ausklang von Bass und Schlagzeug schwebend  umspielt, bäumt sich noch auf, versucht auszubrechen, doch  Audley Freeds Slide gewinnt Schlußendlich die wieder die Oberhand.

Jede Menge Kuhdung lässt ?Lawd I`m Just A Country Boy In This Great Big Freaky City? liegen. Begleitet von Jim Dickinson (North Mississippi Allstars) ist der Name der Nummer Programm. In dieselbe Kerbe schlägt ?The Meanest Jukebox In Town? .Hier spielt Richard Rosenblatt an der Harp und Richard Ford an der Pedal Steel als Gäste mit.

Erfreulich ist an dieser Platte die Vermengung von  traditionellem mit Jamming, wie es ja auch die Dickinsonson-Brüder praktizieren. Und das in den Linernotes Warren Haynes extra gedankt wird, kommt wahrscheinlich ja auch nicht von Irgendwo.

Allesamt eine Platte die einen gelungenen Bogen von Vollgas Bluesrock über Country zum Delta schlägt.
Clever